Der Verdacht eines riesigen Parteispenden-Skandals der ÖVP Vorarlberg belastet das politische und gesellschaftliche Klima in Vorarlberg massiv. „Mittlerweile nimmt diese Affäre Ausmaße an, wie wir es im demokratischen Vorarlberg wohl noch nie erleben mussten. Erschwerend kommt die Art und Weise dazu, wie die Volkspartei als stärkste Landtagsfraktion und Regierungspartei mit den Anschuldigungen umgeht: Die zentralen Fragen werden nicht beantwortet, ein Wille zu mehr Transparenz und Aufklärung ist nicht zu erkennen und das, was nicht mehr ignoriert werden kann, wird kleingeredet“, so FPÖ-Klubobmann Christof Bitschi, SPÖ-LAbg. Manuela Auer und NEOS-Klubobfrau Sabine Scheffknecht.
Das alles widerspricht dem gemeinsamen Ziel, das sich alle Landtagsfraktionen vor wenigen Wochen mit dem Beschluss gesetzt haben, mit einem novellierten Vorarlberger Parteienförderungsgesetz Transparenz und klare rote Linien zur Vermeidung überbordender Wahlkampfkosten zu schaffen, sind sich NEOS, SPÖ und FPÖ einig. Die Oppositionsfraktionen richten aus diesem Grund eine Anfrage an die Vorarlberger Landesregierung. „Wir erwarten uns vom Landeshauptmann eine Antwort auf die Frage, welche Konsequenzen aus diesem unglaublichen Skandal von Seiten der Landesregierung gezogen werden. Das derzeitige Stillschweigen können wir nicht weiter akzeptieren“, so die Oppositionspolitiker:innen.
Umfassendere Kontrollrechte und mehr Personal für den Landesrechnungshof
Im Idealfall erfolgt die Aufarbeitung dieser Causa durch eine unabhängige, seriöse, Stelle wie z.B. den Landes-Rechnungshof. Leider gibt es bis dato diese Prüfrechte nicht und auch in Zukunft sollen diese – würde man sich an die Bundesvorgaben halten – nur bedingt eingeführt werden. „Das gehört dringend geändert“, sind sich die Oppositionsparteien einig.
Dazu kommt, dass die Kontrollorgane des Vorarlberger Landtages ihrer Aufgabe nur eingeschränkt nachkommen können, wenn nicht genügend Personal für die Ausübung der Kontrolle vorhanden ist. Es braucht daher – wie schon mehrfach von Seiten der Opposition gefordert – nicht nur umfassende Prüfrechte für den Landes-Rechnungshof, sondern vor allem auch genügend Vollzeitstellen in Form von Prüfer:innen.
„Vorarlberger:innen haben sich saubere Politik verdient“
„Mittlerweile nimmt dieser ÖVP-Skandal Ausmaße an, wie wir es im demokratischen Vorarlberg wohl noch nie erleben mussten. Die Rücktritte beim ÖVP-Wirtschaftsbund sind ein klares Schuldeingeständnis im riesigen Parteispenden-Skandal der ÖVP Vorarlberg. Jetzt müssen auch auf Seiten der ÖVP Vorarlberg die notwendigen Konsequenzen gezogen werden.
Für mich ist klar: Die Vorarlbergerinnen und Vorarlberger haben eine saubere Politik für unser Land verdient. Ja sie haben sogar ein Recht darauf. Dieser Parteispenden-Skandal muss daher vollumfänglich aufgearbeitet werden und für die Zukunft muss sichergestellt sein, dass derartige ÖVP-Machenschaften im Keim erstickt werden. Ein engmaschiges Parteienförderungsgesetz und – was ebenso wichtig ist – ein mit umfassenden Prüfkompetenzen und Personalressourcen ausgestatteter Landes-Rechnungshof sind Eckpfeiler, die unabdingbar sind“, betont der FPÖ-Landesobmann Christof Bitschi.
Verantwortung übernehmen
„Fast eine Woche lang hat die ÖVP probiert, den Skandal kleinzureden. Doch das hat nicht funktioniert. Nun versucht der Landeshauptmann, den Skandal wenigen Personen im Wirtschaftsbund in die Schuhe zu schieben und tut so, als hätte er von nichts gewusst. Damit lenkt er bewusst vom Kern der Sache ab: Der Verdacht, dass die ÖVP massiv von Geld profitiert hat, das unter anderem durch Inseratenschaltungen landeseigener Betriebe in der Wirtschaftsbund-Zeitung eingesammelt wurde. Mit diesem Geld hat die ÖVP ihre Wahlen in den letzten 20 Jahren bezahlt und entsprechende Vorteile daraus gezogen: Durch die damit gewonnenen Mandate, den damit gewonnenen Einfluss und die damit erreichte Macht. Deshalb ist der ÖVP-Inseratenskandal auch von demokratiepolitischer Bedeutung, weil diese Methode Auswirkungen auf Wahlergebnisse haben kann. Dass sich die ÖVP konsequent weigert, Verantwortung zu übernehmen, schwächt das Vertrauen der Vorarlbergerinnen und Vorarlberger in die Politik. Diese Verantwortung übernehmen jetzt die Oppositionsparteien, um endlich für Transparenz zu sorgen, die Angelegenheit restlos aufzuarbeiten und die notendigen politischen und rechtlichen Konsequenzen daraus zu ziehen“, sagt SPÖ-Landtagsabgeordnete Manuela Auer.
Mehr Kompetenzen für den Landesrechnungshof
„Die Wähler:innen haben ein Recht darauf zu erfahren, wie sich Parteien finanzieren. Auch deswegen braucht es dringend mehr Kompetenzen, Prüfrechte und Personal für den Landesrechnungshof“, so Sabine Scheffknecht. „Die Frage, ob der Landeshauptmann von diesen Praktiken wusste, ist nach wie vor unbeantwortet. Nur die Köpfe auszutauschen, reicht nicht“, betont Scheffknecht weiter. Es brauche eine umfassende Aufklärung, denn zahlreiche Fragen sind noch unbeantwortet: Wie viel Geld ist tatsächlich vom Wirtschaftsbund zur ÖVP geflossen? Wurden zu wenig Steuern bezahlt? Wie viel wusste ÖVP-Landesparteiobmann Markus Wallner? „Diese undurchsichtigen Sümpfe gehören ein für alle Mal trockengelegt. Eine Rückkehr zum politischen Tagesgeschäft kann es nicht geben, solange die Vorwürfe und intransparenten politischen Konstrukte nicht restlos aufgeklärt wurden“, so Scheffknecht.
Das fordern FPÖ, SPÖ und NEOS:
- Umfassende Prüfrechte für den Landes-Rechnungshof bezüglich der Parteien und ihrer Vorfeldorganisationen. Die entsprechende Regierungsvorlage muss noch vor dem Sommer im Landtag diskutiert werden.
- Bereits im Jahr 2022 muss es genügend Vollzeitstellen am Landesrechnungshof geben. Mindestens drei Vollzeitstellen sind notwendig, um eine qualitätsvolle Arbeit sicherzustellen. In weitere Folge sind diese jährlich beim Beschäftigungsrahmenplan zu berücksichtigen.
- Umfassendere Kontrollmöglichkeiten für den Landtag: Einberufung einer Arbeitsgruppe, zu der zumindest je ein/e Abgeordnete/r jeder Fraktion plus gegebenenfalls Experten eingeladen werden. In dieser Arbeitsgruppe sollen die bestehenden Kontrollmöglichkeiten des Landtages neu evaluiert werden. In weiterer Folge sollen Verbesserungen ausgearbeitet werden, damit der Landtag seiner Kontrollaufgabe besser gerecht werden kann.