„Das österreichische Steuersystem ist leistungsfeindlich!“, kritisiert NEOS-Sozialsprecher Johannes Gasser. „In Zeiten der immensen Teuerung braucht es treffsichere Unterstützung für jene Menschen, die es brauchen. Gleichzeitig müssen die Hilfen so gestaltet sein, dass die finanzielle Unabhängigkeit der Menschen im Land gefördert wird. Es gibt auf Landesebene Instrumente, die aufgrund ihrer Ausgestaltung, einen (Wieder)einstieg in den Beruf unattraktiv machen. Dazu gehören beispielsweise der Familienzuschuss und die Wohnbeihilfe. Ein weiteres Hindernis sind für viele Eltern fehlende Kinderbetreuungsmöglichkeiten und die zu hohen Kosten dafür. Vor allem für Frauen, die ihre Erwerbstätigkeit ausweiten wollen, stellt das ein Problem dar. Das zeigen auch Berichte des ifs (Institut für Sozialdienste): Vor allem Alleinerzieherinnen, die finanziell stark unter Druck stehen, beklagen fehlende leistbare Kinderbetreuung. Der Vorarlberger Familienverband berichtet außerdem, immer mehr Familien betreuen zu müssen, da der finanzielle Druck angesichts der Teuerung stetig steigt. NEOS bringen aus diesem Grund zwei Anträge ein und präsentieren Maßnahmen, wie Familien entlastet werden können und Sozialleistungen treffsicherer gestaltet werden können.
Arbeit muss sich immer auszahlen
Neben der Treffsicherheit sei auch wichtig, die Wirkung der verschiedenen Unterstützungsleistungen zu berücksichtigen. Im Vordergrund müsse bei Sozialleistungen immer die Förderung der Selbsterhaltungsfähigkeit stehen, ist Gasser überzeugt. Arbeitsminister Martin Kocher hat mit seinem Vorstoß, Vollzeitarbeit zu attraktiveren, auf ein grundsätzliches Problem in Österreich hingewiesen, das auch NEOS immer wieder thematisieren: Vollzeitarbeit zahlt sich in Österreich nicht immer aus und es gibt zu viele Teilzeitanreize.
Der umstrittene Familienzuschuss ist in Vorarlberg das prominenteste Negativbeispiel. „Ein (Wieder)einstieg in den Beruf nach der Karenz ist für viele Familien mit der Frage verbunden: Rentiert sich das überhaupt? Ist keine familiäre Unterstützung da, brauchen die Familien einen Kinderbetreuungsplatz. Das ist in Vorarlberg so teuer wie kaum irgendwo. Handelt es sich zusätzlich um eine Familie die Wohnbeihilfe bezieht, kann aufgrund von (mehr) Erwerbstätigkeit der Anspruch schnell verloren gehen. Dass sich in diesem Umfeld viele Menschen dagegen entscheiden (mehr) zu arbeiten, ist eigentlich verständlich. Dieses System ist nicht durchdacht, höchst kontraproduktiv und gehört dringend reformiert“, fordert Gasser. In seinem Antrag fordert der NEOS-Sozialsprecher die Landesregierung auf, verschiedene soziale Unterstützungsleistungen des Landes auf ihre Wirkung zu untersuchen. Das Zusammenspiel zwischen den unterschiedlichen Sozialleistungen, dem Steuersystem und den Möglichkeiten auf dem Arbeitsmarkt müsse so gestaltet sein, dass sich Arbeit immer auszahlt. Konkrete Beispiele dafür gebe es zahlreiche, wie der NEOS-Antrag „Arbeit muss sich immer lohnen – Sozial- und Unterstützungsleistungen des Landes auf Wirksamkeit prüfen!“ zeigt.
Kinderbetreuung ein wesentlicher Faktor
Besonders für Vorarlberg gilt: Das (fehlende) Angebot und die Kosten für Kinderbetreuung sind für viele Familien ein wesentlicher Grund, nicht oder nur wenige Stunden arbeiten zu gehen. In der Vergangenheit wurde versucht mit reduzierten Tarifen für Familien mit niedrigen Einkommen entgegenzusteuern. Diese "soziale Staffelung" der Betreuungstarife zeigt für die finanziell schwerbelasteten Vorarlberger Familien kaum Wirkung. Nur ein Bruchteil der Kinder und damit ihre Familien profitieren von den reduzierten Tarifen. Im Kindergartenjahr 2020/21 betrug der Anteil der Kinder mit sozialer Staffelung zu den gesamt betreuten Kindern 3,25 Prozent – der niedrigste Wert seit Jahren. Auch wenn entsprechende Maßnahmen gesetzt wurden, ist nicht davon auszugehen, dass spürbar mehr Familien eine finanzielle Entlastung spüren, wenn sie versuchen Beruf und Familie erfolgreich zu vereinbaren. NEOS fordern aus diesem Grund komplette Kostenfreiheit für Kinderbetreuungsplätze.
Salzburg führt kostenfreie Kinderbetreuung ab 1. April ein
„Andere Bundesländer zeigen, dass das keine Utopie ist – etwa Salzburg. Dort wird sichergestellt, dass ab dem 1. April dieses Jahres Kinderbetreuungsangebote für 3- bis 6-Jährige kostenfrei werden. Die zuständige Landesrätin Andrea Klambauer (NEOS) hat hier einen wesentlichen Meilenstein für die Salzburger Familien geschafft und sorgt dafür, dass Salzburg die Gruppe der Bundesländer mit den höchsten Kinderbetreuungskosten verlassen kann. Vorarlberg bleibt weiter im negativen Spitzenfeld bei den Kosten!“, so Gasser.
Arbeitsmarktfaktor Kinderbetreuung
Es sei verwunderlich, dass Kinderbetreuung in Vorarlberg immer noch ein wesentlicher Kostenfaktor für Familien sein kann. „Damit ist einerseits ein chancengerechter Zugang zu den ersten Bildungseinrichtungen nicht unabhängig vom Elternhaus. Andererseits ist es für Familien - insbesondere der Mütter - nach wie vor eine Kostenfrage, ob es sich auszahlt, wieder oder in gesteigertem Ausmaß arbeiten zu gehen und damit zur finanziellen Stabilität der eigenen Familie beizutragen“, betont Johannes Gasser und ergänzt abschließend: „Nicht nur für ein chancenreiches Aufwachsen ist die Kinderbetreuung ein Faktor - auch für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, der Arbeitsmarktchancen von Frauen und damit der finanziellen Möglichkeiten der Familien im Land. Auch im Kampf gegen den eklatanten Arbeitskräftemangel ist flächendeckende, kostenfreie Kinderbetreuung ein entscheidender Faktor. Wer den „chancenreichsten Lebensraum für Kinder" ernst nimmt, kommt um den nächsten logischen Schritt im Land nicht herum. Ohne kostenfreie Kinder- und Schülerbetreuung kein Chancenreichtum!“